Bestimmungsrelevant fotografieren

Worauf muss ich achten, wenn das Bild zur Artbestimmung oder Dokumentation dienen soll? Entscheidend ist hier, alle Pflanzenteile abzubilden. Viele Arten haben spezielle Merkmale, die nicht sofort ins Auge fallen. Dazu gehören zum Beispiel die Form der Narbe, Nektarblätter, die Kelchblätter, Unterschiede zwischen der Blattober- und der Blattunterseite, Nebenblätter und Öhrchen, Stängel- und Grundblätter, die Behaarung und Ausläufer. Denken Sie auch an Bilder aus verschiedenen Perspektiven, manchmal kommt es auf Größenverhältnisse an (Beispielsweise beim Helm der Eisenhüte oder Fahne / Flügel bei Schmetterlingsblütlern). Auch ein Gesamtbild der Pflanze ist wichtig, um Fragen zu Wuchs, Verzweigungen, Blattstellung etc. beantworten zu können. Mit der Zeit sammeln Sie Erfahrungen damit, welche Merkmale bei welchen Gattungen und Familien relevant sind. Gerade aber wenn Sie noch nicht wissen, wo die Pflanze einzuordnen ist, wird es wichtig, möglichst genau zu dokumentieren. Bestimmungsschlüssel fragen oft überraschende Merkmale ab, mit vielfältigen Fotos sind Sie gut vorbereitet!


Denken Sie auch daran, die Pflanze möglichst in verschiedenen Entwicklungsstadien aufzunehmen. Knospe, Blüte, Frucht und auch verblühte Pflanzen präsentieren unterschiedliche Merkmale.  Wenn Sie die Möglichkeit haben, merken Sie sich den Standort und kommen Sie zu einem anderen Zeitpunkt wieder, um die Pflanze erneut aufzunehmen.


Fragen Sie sich auch immer, ist diese Pflanze ein typisches Exemplar ihrer Art? Pflanzen haben individuelle Merkmale, die von unseren Erwartungen abweichen können. Ein bekanntes Beispiel ist das vierblättrige Kleeblatt, das auf eine Mutation zurück geht und damit nicht als Bestimmungsmerkmal von Weiß- oder Rotklee geeignet ist. Aber auch die Früchte der Viersamigen Wicke enthalten nicht immer 4 Samen, Blüten sind variabel in ihrer Farbe und Blätter können fehlen. Fotografieren Sie also möglichst mehrere Individuen einer Art, um Besonderheiten zu bemerken und einzuordnen.


Ganz wichtig: Bewahren Sie auch schlechte Fotos bis zur abgeschlossenen Bestimmung auf. Viele Merkmale sind unauffällig, Bestimmungsschlüssel haben unterschiedliche Schwerpunkte. Das Foto zeigt vielleicht unscharfe Blüten, kann aber die Frage beantworten, ob der Stiel unterhalb des Köpfchens behaart ist. Oder es gibt genügend scharfe Bilder der Frucht, aber nur auf einem kann man im Hintergrund die Blattstellung am Stängel erkennen.


Ein letzter Tipp: Geben Sie Fotos, die Sie nicht sofort bestimmen können nicht auf. Seltene Arten können in Bestimmungsbüchern fehlen, neue Arten tauchen bedingt durch den Klimawandel oder auch das Transportwesen an Standorten auf, an denen Sie zuvor nicht bekannt waren, andere "flüchten" aus Gärten und siedeln sich vorübergehend oder dauerhaft an. Manche Familien neigen auch zur Hybridisierung, also der genetischen Kombination verschiedener Arten mit entsprechend gemischten Merkmalen. Andere Pflanzen neigen zur Ausprägung zahlreicher Klein- oder Unterarten. Sammeln Sie Erfahrungen und tauschen Sie sich mit anderen Pflanzenbegeisterten aus. Ich habe einen Ordner mit "unbestimmbaren Pflanzen", der sich zum Glück mit der Zeit auch wieder leert.